Positionspapier des ADFC Dachau zum geplanten Radverkehrskonzept der Stadt Dachau 2017

Autoren: Michael Kraus, Peter Reiz, Jochen Seyboth, Monika Zott
Stand: 15. Oktober 2017
Das Positionspapier als PDF-Datei.

Vorwort

Dieser Text stellt die Positionen des ADFC Dachau zum geplanten Radverkehrskonzept der Stadt Dachau dar, zu dem momentan eine Umfrage über das Bürgermagazin der Stadt läuft. Auch wenn manche Forderungen dem einen oder anderen Leser dieses Textes radikal erscheinen mögen, ist es wichtig zu betonen, dass es sich hierbei nur um Minimalforderungen des ADFC Dachau handelt, und zwar aus folgenden Gründen:

  • Anwendung der ERA 2010 (Empfehlungen für Radverkehrsanlagen), welche vom Gesetzgeber als Stand der Technik anerkannt werden und in der Regel von Planern und Behörden verbindlich anzuwenden sind.
  • Der ADFC Dachau fordert die Gleichberechtigung der verschiedenen Verkehrsteilnehmer, also Kraftfahrzeugen, ÖPNV, Radfahrern und Fußgängern. Von kommunaler bis zur europäischen Ebene ist es das erklärte Ziel der Politik, den Kfz-Verkehr einzudämmen und den Radverkehr mehr zu fördern. Daraus folgt zwingend, dass alle Verkehrsteilnehmer mindestens gleichberechtigt sein müssen, um zum Umsteigen vom Auto auf andere Verkehrsmittel zu bewegen.
  • Die unten aufgelisteten Forderungen sind nur ein kleiner Teil dessen, was in Dachau an Maßnahmen notwendig ist, um diese Gleichberechtigung bzw. den Stand der Technik bei Radverkehrsanlagen umzusetzen. Eine vollständige Auflistung würde die Kapazität dessen, was der ADFC Dachau ehrenamtlich zu leisten vermag bzw. zu leisten bereit ist, sprengen.

Radverkehrsanlagen

Udldinger Hang—Münchner Straße

Es braucht durchgehende Radverkehrsanlagen gemäß den Vorgaben der ERA (z.B. Radweg, Schutzstreifen etc., nicht kombiniert mit Fußwegen) vom Udldinger Hang über die Augsburger Straße, Mittermayerstraße, Ludwig-Thoma-Straße bis zur inneren Münchner Straße, und zwar in beiden Richtungen.

In der Mittermayerstraße gibt es momentan in einer Richtung gar keine Radverkehrsanlagen. In der anderen Richtung stellt der Rad-/Fußweg hinter den parkenden Autos für Radfahrer ein großes Sicherheitsrisiko dar. Außerdem kann man dort nur sehr langsam fahren, obwohl die ERA fordert, dass Radverkehrsanlagen für 30 km/h auslegt sind.

Analoges gilt für die Ludwig-Thoma-Straße bis zur Papierfabrik, dann bis zur Ludwig-Thoma-Wiese, dann an der Ludwig-Thoma-Wiese bis zur Amperbrücke. Zwischen Amperbrücke und innerer Münchner Straße fehlen ebenso jegliche Radverkehrsanlagen, obwohl dort sehr starker Kfz-Verkehr herrscht. Besondere Stellen sind außerdem:

  • Münchner Straße: auf der Höhe der Bäckerei Denk parken oft Autos am Straßenrand, evtl. wäre hier ein Halteverbot angebracht, damit Radfahrer sicher fahren können
  • Ludwig-Thoma-Straße in Richtung Münchner Straße: keine Radverkehrsanlagen vorhanden, der Gehweg in der Grünanlage ist viel zu eng, sehr problematische Engstelle auf dem Gehweg kurz vor der Eisdiele

Durchgehende Radverkehrsanlagen gemäß ERA 2010

Weitere Strecken, an denen aufgrund des hohen Kfz-Verkehrsaufkommens dringend durchgehende Radverkehrsanlagen gemäß den Vorgaben der ERA notwendig sind, und zwar jeweils in beiden Richtungen :

  • Martin-Huber-Straße, Frühlingstraße, Bahnhofstraße: Der Neubau der Frühlingstraße ist bereits in Planung, jedoch endet diese bei der Post bzw. auf der anderen Seite an der Kreuzung zur Schleißheimer Straße. Es ist jedoch zwingend notwendig, eine durchgehende Verbindung von der Ludwig-Thoma-Straße über die Martin-Huber-Straße, Frühlingstraße und Bahnhofstraße zur Münchner Straße zu schaffen.
  • Schleißheimer Straße von der Frühlingstraße bis zur Alten Römerstraße. Dies ist einer der Hauptwege zum und vom Ignaz-Taschner-Gymnasium.
  • Ludwig-Dill-Straße/Schillerstraße von der Brucker Straße bis zur Münchner Straße. Dies stellt eine weitere Verbindung vom Udldinger Hang zur Münchner Straße dar. 

Querung der Bahnlinie

Die Unterführung in der Schleißheimer Straße ist in beiden Richtungen völlig unzureichend für Radfahrer. Auf den sehr engen Fußwegen entstehen Konflikte mit den Fußgängern. Die enge, unbeleuchtete Fahrbahn, auf der neben sehr starkem Kfz-Verkehr außerdem sehr starker Bus- und Abbiegeverkehr herrscht, stellt keine Radverkehrsanlage gemäß der ERA dar. Es braucht hier dedizierte Radverkehrsanlagen, zumal dies einer der Hauptwege zum Bahnhof oder zum Ignaz-Taschner-Gymnasium ist.

Der Durchgang am Bahnhof darf von Radfahrern nicht benutzt werden. Selbst Rad schieben ist oft nicht möglich, wenn gerade ein Zug ankommt oder viele Leute an den Fahrkartenautomaten stehen. Das eigentlich sehr gute Radlparkhaus auf der Ostseite ist von der Westseite aus praktisch nicht zu erreichen. Niemand fährt mit dem Rad auf der Westseite durch die Bushaltestellen bis zum Bahnhofsvorplatz, der sowieso eine verkehrstechnische Katastrophe ist, und schiebt die letzten 100 m durch die Unterführung bis zum Radlparkhaus auf der Ostseite. Fahrradabstellanlagen müssen mit dem Fahrrad erreichbar sein.

Die Querung der Schleißheimer Straße direkt hinter der Unterführung, um von der Friedenstraße zum neuen Radlparkhaus zu kommen, ist aktuell nicht möglich. Es ist ein größerer Umweg bis zur Oberen Moosschwaigestraße zu fahren, aber auch dort ist die Querung der Schleißheimer Straße wegen des vielen Verkehrs sehr gefährlich. Es gibt dort keinerlei Querungshilfe, Zebrastreifen oder Ampel.

Altstadt

Das Pflaster in der Dachauer Altstadt ist wegen des fehlenden Komforts, der mangelnden Sicherheit (Rutschgefahr, langer Bremsweg, Gefahr an Pflastersteinen hängenzubleiben) und dem großen Lärm nicht zum Fahrradfahren geeignet, obwohl durch die steigende Anzahl von Pedelecs der Altstadtberg immer weniger ein Problem für den Radverkehr darstellt.

Innere Schleißheimer Straße

Die Fahrradstraße ist von der Ludwig-Dill-Straße her kommend nur schlecht erreichbar. Es gibt keine Radverkehrsanlagen über die Kreuzung bis zur Einfahrt in die Fahrradstraße.

Die Fahrradstraße hat keine Vorfahrt gegenüber den Einmündungen von rechts, daher ist man dort viel langsamer unterwegs als auf der Fahrbahn der Schleißheimer Straße.

Die Einmündung von der Fahrradstraße in die Schleißheimer Straße beim Café Seven ist unzureichend. Es fehlt eine durchgehende Radverkehrsanlage zwischen der Ludwig-Dill-Straße und der Grubenstraße.

Äußere Münchner Straße

Stadtauswärts: Der nicht benutzungspflichtige Radweg, der aber von den meisten Radfahrern genutzt wird, weil auf der Straße so viel Verkehr ist und es dort keine Radverkehrsanlage gibt, endet vor der Josef-Scheidl-Straße im Nichts, obwohl der Fuß-/Radweg danach benutzungspflichtig ist.

Stadteinwärts: Direktes Linksabbiegen von der Münchner Straße in die Schillerstraße ist schwierig und gefährlich, da es keinen Streifen für Radfahrer gibt. Gleiches gilt auch für das Linksabbiegen in der anderen Richtung, also von der inneren Münchner Straße in die Bahnhofstraße. Eine gute Lösung zum Linksabbiegen ist z.B. der Streifen für Radfahrer in der Theodor-Heuss-Straße vor der Kreuzung zur Sudetenlandstraße.

Radschnellwege

Für die angeregten Radschnellwege (RSW) wird vorgeschlagen geeignete Planungsschritte von seitens der Stadt einzuleiten, bzw. im Landratsamt zu beantragen. Der RSW München— Dachau ist bereits in der bekannten Potentialanalyse projektiert und soll baldmöglichst zusammen mit den übrigen Kommunen realisiert werden. Die Stadt Dachau soll auf die beiden anderen Kommunen zugehen. Für den vom ADFC angeregten RSW Garching—Dachau (evtl. Fürstenfeldbruck) soll die Stadt Dachau auf die betroffenen Kommunen zugehen und federführend eine gemeinsame Potentialstudie in Auftrag geben. Ein schnelles Handeln könnte höhere Zuschüsse zur folge haben, da mit tangentialen und angebotsorientierten RSW eine neue Kategorie geschaffen wird. Im Radverkehrskonzept sind die vom ADFC vorgeschlagenen Korridore auf dem Gebiet der Stadt Dachau von jeglicher anderer Verwendung freizuhalten, ausgenommen vorläufige Radwege. Weiterhin sind gemäß „Radverkehrsprogramm Bayern 2025“, S.13, entsprechende Zubringerrouten zu planen und in das Wunschroutenkonzept aufzunehmen.

Ampeln

Im Sinne der Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer ist es zwingend notwendig, alle Anforderungsampeln für Radfahrer ausnahmslos abzuschaffen. Die Wartezeit an Ampeln, die man zum Überqueren einer Kreuzung braucht, darf nicht von dem verwendeten Verkehrsmittel abhängen, oder anders ausgedrückt: Die Ampelanlage darf nicht eine bestimmte Verkehrsarten bevorzugen, indem sie ihnen kürzere Wartezeiten einräumt. Alle Fußgänger- und Radfahrerampeln müssen ohne Anforderung, sondern automatisch mit der Ampel für den Kfz-Verkehr geschaltet werden.

Beispiele für Kreuzungen, an denen das Überqueren zu Fuß oder per Rad deutlich länger als mit dem Kfz dauert, sind:

  • Alte-Römer-Straße/Bajuwarenstraße/Schleißheimer Straße
  • Schleißheimer Straße/Theodor-Heuss-Straße
  • Freisinger Straße/Erich-Ollenhauer-Straße

Radverkehrswegweisung

Radverkehrswegweisung ist wichtig, da mit jedem Schild den Verkehrsteilnehmern ins Bewusstsein gerufen wird, dass Radfahren möglich ist. Mit einer Potentialanalyse lassen sich die wichtigsten Ziele klar definieren. Beispielhaft offensichtlich ist:

  • Aktuell gibt es kein einziges Schild für Radfahrer, sondern nur für Durchreisende auf dem Ammer-Amper-Radweg bzw. zu benachbarten Ortschaften
  • Das aktuell geplante Radwegenetz muss komplett mit einer eigenen Wegweisung für Radfahrer ausgeschildert werden
  • Wegweisung zum neuen Durchgang hinter der Post zur Augustenfelder Straße ist mangelhaft, dadurch wird der eigentlich sinnvolle Weg nur von wenigen Radfahrern benutzt
  • Vorschlag für einen „Service Point“ am Bahnhof: Schild mit innerstädtischer Radwegekarte sowie Rad-Wegweiser zu innerstädtischen Zielen
  • Es gibt in der Stadt keinerlei Zubringerwegweisung zum Ammer-Amper-Radweg
  • Wegweisung zu öffentlichen Ladestationen ist nicht vorhanden 

Fahrrad-Abstellanlagen

Um sowohl die Qualität als auch die ausreichende Anzahl von Fahrradabstellanlagen in Dachau sicherzustellen, ist es notwendig, z.B. in einer Fahrradabstellsatzung gewisse Mindeststandards festzulegen. Solche Fahrradabstellsatzungen gibt es bereits in anderen Gemeinden in Bayern. Das Beispiel der Abstellanlagen am neuen Eingang des Familienbads zeigt, dass nach jahrelanger diesbezüglicher Lobbyarbeit des ADFC und des Runden Tisches Radverkehr selbst in jüngster Zeit immer noch völlig veraltete Abstellanlagen n eu aufgestellt werden.

Die Abstellanlagen auf der Bahnhofs-Westseite weisen folgende Mängel auf:

  • An der Unterführung zur Langhammerstraße nicht überdacht
  • Unterdimensioniert: Selbst bei schlechtem Wetter gibt es nicht genügend Abstellplätze für alle Räder
  • Zu geringe Abstände: Beim Ein- und Ausparken werden die benachbarten Räderbeschädigt
  • Mangelhafter Diebstahlschutz: Wegen des fehlenden Platzes ist es nicht möglich, den Fahrradrahmen am Fahrradständer anzuschließen

Begleitende Maßnahmen

Mängelmelder

Um die Stadtverwaltung leichter auf existierende Probleme von Radverkehrsanlagen hinweisen zu können, ist ein “Mängelmelder” auf der Webseite der Stadt Dachau an prominenter Stelle notwendig, wie er auch in vielen anderen Gemeinden (z.B. in Karlsfeld) existiert. Dieser Mängelmelder muss besonders auch unterwegs, also mit dem Smartphone, einfach zu benutzen sein.

Radl-Korso

Als Werbemaßnahme für den Radverkehr wäre es sinnvoll, eine Veranstaltung wie den Radl-Korso, der bisher einmalig im Rahmen der Langen Tafel stattgefunden hat, oder eine vergleichbare Veranstaltung, regelmäßig durchzuführen und in Dachau zu etablieren. Ein Radl-Korso wäre z.B. eine geeignete Auftaktveranstaltung zu Beginn des Stadtradelns, welches dadurch selbst aufgewertet werden würde.

Runder Tisch Radverkehr

Am Runden Tisch Radverkehr, bei dem sich Vertreter der Stadt Dachau und Verbänden regelmäßig zu Themen rund um den Radverkehr austauschen, sind durch verschiedene Funktionen Mitglieder aller Stadtratsfraktionen außer der CSU vertreten, welche jedoch mit Abstand die größte Fraktion stellt. Es wäre wünschenswert, wenn bei diesem für die Zukunft der Stadt sehr wichtigen Thema jede Fraktion durch einen dauerhaften Teilnehmer vertreten wäre. Auch bei der Radrundfahrt mit dem Dachauer Stadtrat, der jedes Jahr vom Runden Tisch Radverkehr angeboten wird, nimmt nicht immer mindestens einen Teilnehmer der CSU teil.

Mitgliedschaft in der AGFK

Der ADFC empfiehlt der Stadt Dachau die Bewerbung um die Mitgliedschaft in der Arbeitsgemeinschaft fahrradfreundliche Kommunen in Bayern. Die Vielzahl der Vorteile sind wir gerne in einem persönlichen Gespräch zu erläutern bereit.